Die
islamische Republik Iran – Analyse einer Diktatur
Symposium
29./30.
September 2007
Campus
der Universität Wien, Altes AKH
Samstag:
Hörsaal D, Hof 10,13
Sonntag:
Hörsaal C1, Hof 2
(Alserstraße/Spitalgasse, Straßenbahn 5, 33, 43, 44)
Veranstaltet von Café Critique und Scholars for Peace in the Middle East/Austria
Unterstützt von Studienvertretung Politikwissenschaft der
Universität Wien, Studienvertretung Doktorat Gewi/HuS der Universität Wien, Grün Alternative Jugend Wien
(Bitte planen Sie Zeit für eventuelle
Einlasskontrollen ein.)
Samstag
19.00
Eröffnung
und Einleitung (Stephan Grigat)
19.30
Gerhard Scheit: Der neue
Vernichtungswahn und seine internationalen Voraussetzungen – Wodurch sich Ahmadinejads Islamische Republik von Hitlerdeutschland
unterscheidet
Die
Formen des neuen Vernichtungsprogramms erscheinen vielfältig und zerstreut wie
die verschiedenen Projekte in den letzten Tagen des Dritten Reichs – von der
bald geschaffenen „Wunderwaffe“ des Iran, die auf Israel gerichtet werden soll,
bis zu den seit langem aktiven „Werwolf“-Banden an
den Grenzen des verhassten Staats der Juden. Nur werden sie im Unterschied zu
jenem letzten Aufgebot der Deutschen (und Österreicher) weltweit und auf lange
Sicht kreditiert. Die Renditen aus dem verstaatlichten Erdölgeschäft
ermöglichen im Inneren wie im Äußeren die vermittlungslose Herrschaft
islamischer Banden: sie finanzieren ebenso kontinuierlich die Hinrichtung von Homosexuellen
und Frauen, die dem Islam sich nicht unterwerfen, wie die Ausrichtung aller
Politik auf die Entmachtung der USA und die Vernichtung Israels. Es ist nicht
zuletzt diese „Lebensader“, die islamische Theokratie
von nationalsozialistischer Herrschaft strukturell unterscheidet. Resultierte
bei Führer und Volksgemeinschaft die bewusste Abkoppelung vom Weltmarkt in
industrieller Mobilisierung der gesamten Gesellschaft und totalem
Angriffskrieg, um dann dank der Ressourcen der überfallenen Länder die Vernichtung
vorantreiben zu können, ist für Mullahs und Umma
überhaupt keine, die ganze Gesellschaft erfassende Industrialisierung nötig,
Israel und seine Einwohner auszulöschen. Die Anbindung an den Weltmarkt, das
wissen die Judenmörder von heute, darf nicht mehr ganz durchschnitten werden:
sie garantiert ja die immerwährende Unterstützung der Märtyrerbanden im In- und
Ausland. Und eine einzige, isoliert finanzierbare industrielle Kompetenz genügt
schließlich, das Vernichtungsprogramm in toto zu realisieren. Ist diese
Atomtechnologie auf Basis der Erdölrente (zu der sich dank OMV auch die
Erdgasrente gesellt) einmal ausgereift, kann ohne umfassendere kriegerische
Aktivitäten sofort losgeschlagen werden. Das Resultat wird dasselbe sein.
Matthias Küntzel:
„Der Iran wäre der ideale Partner für uns“ (OMV) – Der angekündigte Völkermord
und die europäische Reaktion
„Stellt
euch vor, ein neuer Genozid an Juden wird offen angekündigt und keiner
reagiert“ – was vor ein paar Jahren kaum jemand für möglich gehalten hätte, ist
heute Realität. Ahmadinejad hat den Countdown für
Israels Vernichtung angezählt; fieberhaft arbeitet sein Regime an der nuklearen
Option. Gleichwohl geht das Gros der Journalisten,
Politiker, Zivilgesellschafter – von der Linken ganz zu schweigen –
darüber hinweg. Stattdessen will die teilstaatliche OMV mit
Unterstützung der Europäischen Entwicklungsbank sowie aller im österreichischen
Parlament vertretenen Parteien das größte Geschäft seiner Geschichte
mit der Mullah-Diktatur abschließen. Man hat sich, wie es scheint, mit der
Ankündigung und Vorbereitung des Völkermords arrangiert. Der Widerspruch
zwischen der Feiertagsrhetorik vom „Nie Wieder“ und dem alltäglichen „business as usual“ ist nicht
einmal Gegenstand der Diskussion. Der Vortrag wird der Frage nachgehen, warum
das so ist und den provokativen Charakter des OMV-Engagements
im Iran darstellen
Sonntag
10.00
Fathiyeh Naghibzadeh: Die gesellschaftliche Stellung der iranischen
Frau vor und nach der islamischen Revolution
Der
Vortrag wird die Situation von Frauen im Iran von 1905 (der Zeit
der bürgerlichen Revolution) bis nach der Machtübernahme des islamischen
Regimes im Jahre 1979 diskutieren. Es soll gezeigt werden, dass im
Gottesstaat Iran heute eine völlig neuartige Form der Frauenunterdrückung
herrscht, die zu großen Spannungen zwischen dem islamischen Regime und der
iranischen Gesellschaft führt. Anhand des Verhältnisses von Privatheit
und Öffentlichkeit (und ihrem Niederschlag in Grundgesetz und
Strafrecht) wird die Differenz zwischen vormodernem Patriarchat,
Männerherrschaft unter der Modernisierungsdiktatur des Schahs und phallozentristischem Mullahregime dargelegt. Es werden
Ausschnitte aus dem französisch-iranischen Film „Befreiungsbewegung der
iranischen Frauen im Jahre Null“ von der Gruppe „Politik und Psychoanalyse“
gezeigt, der die Frauendemonstrationen gegen die Zwangsverschleierung im Iran
im März 1979 dokumentiert.
Alex Gruber: Die Situation von Schwulen
und Lesben im Iran
Seit der
Revolution von 1979 unter Ayatollah Khomeini ist das islamische Recht, die Sharia, die Grundlage des iranischen Strafgesetzbuches. Sie
sieht für homosexuelle Handlungen die Todesstrafe vor, die auch regelmäßig
vollzogen wird. Laut internationalen Menschenrechtsorganisationen wurden seit
dieser Zeit in der Islamischen Republik Iran mindestens 4.000 Homosexuelle
hingerichtet. Auch in Kürze sollen wieder über 20 Männer wegen „moralischer
Vergehen“ von Staats wegen ermordet werden. Gemäß dem islamischen Verständnis
der Mullahs ist Homosexualität eine Sünde wider Gott: Sie ist keine gewöhnliche
Straftat, sondern ein Vergehen gegen die göttliche Ordnung und kommt der
Apostasie gleich, auf die gemäß der Sharia ebenfalls
die Todesstrafe steht. Die apokalyptische Weltanschauung des iranischen Regimes
rechnet die Homosexuellen zu den Feinden der revolutionären Umma,
deren Vernichtung die identitäre Einheit der
islamischen Gemeinschaft (wieder)herstellen soll. Dem antiimperialistischen
Wahn in Teheran gilt Homosexualität als „durch das Freudenhaus der Bourgeoisie“
(Ali Schariati) in die islamische Welt eingepflanzter
imperialistischer Spaltpilz aus dem Westen.
12.30
Wahied Wahdat-Hagh: Der Iran zwischen Antisemitismus und
Atomaufrüstung
Die
Islamische Republik Iran wird immer wieder als ein duales System beschrieben,
das mit Hilfe der Reformkräfte demokratisiert werden könne. In den letzten 28
Jahren hat sich jedoch das politische System als demokratieresistent erwiesen.
Die Republik, die keinen republikanischen Geist kennt, lässt keine gesellschaftspolitischen
Aktivitäten jenseits der herrschenden islamischen Gesetze zu. Begriffe wie
Demokratie, Menschenrechte, Gleichberechtigung wurden ausgehöhlt und
islamisiert. Die totalitäre Ideologie des Islamismus hat neben den klassischen
Merkmalen des Totalitarismus neue, wie den eliminatorischen
Antizionismus, den Anti-Bahaismus, den Anti-Säkularismus, die geschlechtsspezifische Unterdrückung
der Frauen und die Förderung des islamistischen
Terrorismus. Besondere Brisanz erhält die mögliche atomare Aufrüstung des Iran
durch die gleichzeitig eskalierende antisemitische Propaganda gegen
Israel. Der Vortrag analysiert das Herrschafts- und Regierungssystem der
Islamischen Republik, diskutiert seine Reformfähigkeit und geht dabei
insbesondere der Frage nach der gesellschaftlichen Verbreitung des
Antisemitismus nach.
Andreas Benl:
Kitsch und Tuch – Der europäische Kulturrelativismus: Eine Form der
Kollaboration mit dem Islamismus
Gegenüber
dem europäischen Faschismus des 20.Jahrhunderts stellten sich zumindest bis zum
zweiten Weltkrieg die politischen Frontlinien relativ übersichtlich dar. Nazis
und Faschisten fanden ihre Förderer und Bewunderer hauptsächlich auf der
bürgerlichen Rechten, ihre größten Feinde in der sozialistischen und
kommunistischen Arbeiterbewegung. In den gut 25 Jahren seit der iranischen
Revolution von 1979 und verstärkt seit den Anschlägen vom 11. September 2001
scheint sich dieses politische Panorama dramatisch verändert zu haben. Abseits
der Neonazis findet der islamische Faschismus Widerhall in dem Spektrum, das
sich wie auch immer vermittelt in progressiver oder linker Tradition wähnt.
Michel Foucault faszinierte bereits 1978 die „Kraft des mythischen Stroms“, der
zwischen Khomeini und seinen Anhängern floss, vermeintliche Marxisten sammeln
heute Spendengelder für islamische Gotteskrieger im Irak, der Führer des
venezolanischen „Sozialismus des 21. Jahrhunderts“ findet in Ahmadinejad seinen Seelenverwandten und deutsche
Kulturwissenschaftlerinnen sehen im Schleier den letzten Schrei von female Empowerment. Es sollen
Wegmarken und Hintergründe einer politischen Entwicklung beleuchtet werden, von
der traditionelle Rechtsradikale nur träumen konnten: unter dem Banner eines
restlos entwirklichten Tiers-Mondisme
bildet sich eine postmoderne Querfront gegen das vermeintliche „USraelische Empire“ - als konformistische Revolte gegen den
auf die USA projizierten Kapitalismus und als Avantgarde deutsch-europäischer Mainstream-Politik.
14.30 Uhr
Wie kann der islamische Faschismus
bekämpft werden?
Podiumsdiskussion
mit Tjark Kunstreich, Simone Dinah Hartmann, Matthias
Küntzel und Gerhard Scheit; Moderation: Stephan Grigat
_________
Andreas Benl,
Mitarbeiter der Hamburger Studienbibliothek, schreibt für die Wochenzeitung „Jungle World“, Koautor von „Das Leben lebt nicht.
Postmoderne Subjektivität und der Drang zur Biopolitik“
Stephan Grigat,
Lehrbeauftragter am Institut für Politikwissenschaft in Wien, Herausgeber von
„Transformation des Postnazismus. Der deutsch-österreichische Weg zum
demokratischen Faschismus“ sowie „Feindaufklärung und Reeducation.
Kritische Theorie gegen Postnazismus und Islamismus“, Autor von „Fetisch und
Freiheit – Über die Rezeption der Marxschen Fetischkritik, die Emanzipation von
Staat und Kapital und die Kritik des Antisemitismus“
Alex Gruber, Lehrbeauftragter am
Institut für Politikwissenschaft in Wien, bis 2007 Historiker beim
Entschädigungsfonds für die Opfer des Nationalsozialismus, Koautor von
„Feindaufklärung und Reeducation. Kritische Theorie
gegen Postnazismus und Islamismus“
Simone Dinah Hartmann, arbeitet als
Informatikerin in Tel Aviv und Wien, Koautorin von „Transformation des
Postnazismus. Der deutsch-österreichische Weg zum demokratischen Faschismus“
Matthias Küntzel,
Politikwissenschaftler und Publizist aus Hamburg, Vorstandsmitglied von Scholars for Peace
in the Middle East, seit
2004 associate researcher
des Vidal Sassoon
International Centre for the
Study of Antisemitism an
der Hebrew University in Jerusalem, Autor von „Djihad
und Judenhass. Über den neuen antijüdischen Krieg“. 2007 erscheint von ihm
„Heimliches Einverständnis? Islamischer Antisemitismus und deutsche Politik“ im
LIT-Verlag.
Tjark
Kunstreich, Sozialarbeiter und Publizist in Berlin, schreibt für „Konkret“ und
„Bahamas“, Autor von „Nach dem Westen“ und „Ein deutscher Krieg. Über die
Befreiung der Nation von Auschwitz“
Fathiyeh Naghibzadeh, ging vor 20 Jahren aus dem Iran ins Exil nach
Deutschland, Koregisseurin des Films „Kopftuch als
System – Machen Haare verrückt?“, in dem Exiliranerinnen und ihre Position als
politische Frauen im Iran und in Deutschland porträtiert werden
Gerhard Scheit, Lehrbeauftragter für
Politikwissenschaft an der Universität Wien, Autor von „Die Meister der Krise.
Über den Zusammenhang von Vernichtung und Volkswohlstand“, „Suicide
Attack. Zur Kritik der politischen Gewalt“,
„Verborgener Staat, lebendiges Geld. Zur Dramaturgie des Antisemitismus“,
„Jargon der Demokratie. Über den neuen Behemoth“,
Mitherausgeber der Werke von Jean Amery
Wahied Wahdat-Hagh, Senior Research Fellow der European Foundation for Democracy, ehemaliger Mitarbeiter des Middle
East Media Research Institute in Berlin, Autor von „Die islamische Republik
Iran. Die Herrschaft des politischen Islam als eine Spielart des
Totalitarismus“